Julia Schandl, Vivien Sprenz im Gespräch mit Prof. Jan R. Krause, Prof. Achim Pfeiffer und Prof. i.V. Ariane Wiegner
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In den vergangenen Jahren wurde an Hochschulen und Universitäten in der Architektur hauptsächlich Neubau gelehrt. Aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes geht hervor, dass die Anzahl der Baumaßnahmen an Bestandsgebäuden stetig zunimmt. Bei den Aufträgen 2023 lag der Anteil an Sanierungen und Umbauten bereits bei 45%, im Vergleich: 2020 waren es noch 35%. Inwieweit verändert sich das Berufsbild von Architekt*innen im Hinblick auf die neuen Anforderungen und Kenntnisse für das Bauen im Bestand?
Achim Pfeiffer
Architekt*innen haben sich früher bereits intensiv mit dem Bestand auseinandergesetzt. Ein Grund, warum wir uns heute wieder verstärkt damit befassen, ist der Klimawandel. Wenig würde uns davon abhalten, Gebäude neuzubauen oder noch Brauchbares wegzuschmeißen, wenn es keine Relevanz für das Weltklima hätte. Deswegen ändern sich das Berufsbild und die Lehre von dem, was ich einmal gelernt habe, zu dem, was wir jetzt lehren. In der Fachwelt ist die Aufgabe des Bauens im Bestand noch immer nicht selbstverständlich. Sie wird reflexartig eher als schwierig empfunden. Es stellt sich die Frage, warum Investor*innen und Architekt*innen davor Angst haben. Das sollte in Zukunft nicht mehr sein, dafür sollten wir die nächste Generation ausbilden.
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Neue Herangehensweisen sind nicht nur beim Umgang mit dem Bestand, sondern auch beim Bearbeiten von Wettbewerben erforderlich. Welche Qualifikationen sind wesentlich, um diese Herausforderungen heute zu meistern?
Ariane Wiegner
Wettbewerbe als Sprungbrett zu nutzen, wird immer schwieriger, da die Anforderungen für die Zulassung zur Teilnahme oft hoch sind. Besonders bei Projekten wie Schulbauten, Schwimmbädern oder öffentlichen Gebäuden. Meistens muss man innerhalb der vergangenen drei Jahre bereits eine bestimmte Anzahl an Projekten der jeweiligen Gebäudekategorie realisiert haben, um überhaupt zum Wettbewerb zugelassen zu werden. Es wird daher in meinen Augen immer wichtiger, zu kollaborieren. Nicht nur daher bedeutet das, dass die junge Generation besonders flexibel sein muss. Sie müssen sich auf andere Perspektiven, Arbeitsweisen etc. einlassen können und sich je nach Aufgabe und Projekt neue Kooperationspartner suchen. Für die Lehre bedeutet eine neue Ausrichtung auf den Bestand, dass die Inhalte in sinnvolle Lernpakete eingeteilt werden, innerhalb derer unterschiedliche Aspekte gut vermittelbar sind. Dazu gehören auch Tragwerkslehre und Konstruktion. Diese werden systematisch in verschiedenen Varianten gelehrt, um einen Werkzeugkasten von Strategien an die Hand zu geben, mit dem die Studierenden anschließend in die Praxis gehen können.
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Wie entscheidend sind Schlüsselqualifikationen in Kommunikation und Strategie für den Erfolg von Architekt*innen?
Jan R. Krause
Kommunikation und Strategie sind Schlüsselqualifikationen, die für Architekt*innen schon immer galten. Einer der bekanntesten Architekten, Le Corbusier, war ein Kommunikationsprofi. Von ihm können wir heute noch viel lernen. Er hat bewusst strategische Kommunikation betrieben. Architekt*innen können das gut gebrauchen und es liegt ihnen auch. Das Entwerfen von Kommunikationsstrategien ist verwandt mit dem Entwerfen von Häusern. Architektur ist komplex, vor allem der Entstehungsprozess. Man braucht klare Zielvorstellungen und eine gute Beziehung zu den Bauherr*innen, um lange Planungs- und Bauprozesse gut zu gestalten. Diese Planungs- und Bauprozesse gilt es mit der richtigen Medienwahl und einem guten Kommunikationsmanagement zu begleiten.
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An der Hochschule Bochum dauert das Architekturstudium acht Semester. An 80% der deutschen Hochschulen und Universitäten beträgt die Studiendauer nur sechs Semester. Ist es überhaupt möglich, in einer so kurzen Zeit Architekt*innen mit dem für den Arbeitsalltag erforderlichen Wissen auszubilden?
Achim Pfeiffer
Ich halte es nicht für zielführend in der Ausbildung von Architekt*innen, das vorgegebene Curriculum so schnell wie möglich in drei oder vier Jahren abzuarbeiten. Bei meiner Lehrtätigkeit habe ich festgestellt, dass die Vermittlung außerhalb des Seminarraums oft relevanter ist als der klassische Frontalunterricht. Exkursionen und Reallabor-Projekte tragen stark zur Prägung der Studierenden bei. Das von mir dabei vermittelte Wissen zielt darauf ab, bei den Lernenden eine bestimmte Haltung zu erzeugen. Diese Prägung benötigt Zeit.
Ariane Wiegner
Die Idee, nach einem Bachelorstudium erst einmal in die Praxis gehen zu können, ist genau richtig. So kann man sich orientieren, evtl. eine Spezialisierung wählen und dann den Master machen. Die Entwicklung einer Haltung und die Erarbeitung von Wissen in der Architektur sind immer ein Wechselspiel zwischen Theorie und Anwendung. Erst die Anwendung der zuvor erlernten theoretischen Inhalte ermöglicht es, den tatsächlichen Nutzen dieses Wissens zu verstehen.
Jan R. Krause
Das Dilemma im Architekturstudium und im Beruf der Architekt*innen ist allerdings, dass es kein Lehrbuch dafür gibt. Das Großartige daran wiederum ist, dass sich die wunderbare Möglichkeit bietet, ein Leben lang zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Deshalb geht es mir in der Lehre auch um Persönlichkeitsentwicklung. Darum arbeite ich mit unseren Studierenden nicht nur im geschützten Raum unseres Masterstudios, sondern gehe mit ihnen in die Öffentlichkeit und gebe ihnen eine Bühne. Ich probiere gemeinsam mit ihnen neue Themen in Projekten aus, bei denen sie auch Fehler machen dürfen. Diese reflektieren wir anschließend, um sie im Berufsleben zu vermeiden.
Ariane Wiegner
Es ist ein Life-Long-Learning Prozess. Das Architekturstudium ist ein Start. Man muss sich von der Idee verabschieden, dass man irgendwann fertig ist.
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Kurze Studiendauern lassen kaum Zeit für Praxiserfahrung. Hier unterscheiden sich Architekturstudiengänge in ihren Anforderungen. Sie reichen von sechs Monaten integriertem Praktikum wie an der HFT Stuttgart bis zu zweimal acht Wochen an der Hochschule Bochum, davon eines auf der Baustelle und eines im Architekturbüro. Wie vermitteln Sie Praxis in der Lehre?
Ariane Wiegner
Ein halbes Jahr Praktikum ist ideal, da die Projekte in der Regel länger laufen. Um sich sinnvoll in Aufgaben einzuarbeiten und etwas aus der Aufgabe mitzunehmen, braucht man allermindestens drei Monate.
Achim Pfeiffer
Es ist wichtig, in die Praxis zu gehen, um die tatsächliche Baustelle und das reale Architekturbüro zu erleben. Als Hochschule haben wir jedoch keinen Einfluss darauf, was für Aufgaben die Studierenden auf der Baustelle oder im Büro tatsächlich bearbeiten. Es ist wichtig, dass die Hochschulen selbst die Praxiserfahrung durch entsprechende Lehrformate fördern. Ein erfolgreiches Format sind Reallabore. Ein Beispiel hierfür ist das Umbaulabor, welches ich in einem Gebäude in Gelsenkirchen durchgeführt habe. Dieses Gebäude soll in zwei Jahren abgerissen werden. Deswegen konnten die Studierenden die Bodendielen selbst entfernen, hinter die Wände blicken und die Konstruktionsweise am realen Beispiel studieren.
Jan R. Krause
Das Lehrformat Reallabor nutze ich auch im Masterstudiengang Architektur Media Management. Einmal im Jahr veranstalten wir das AMM-Symposium: eine Konferenz, die sich mit aktuellen Fragen der Architekturkommunikation beschäftigt. In diesem Jahr ging es um Künstliche Intelligenz in Architektur und Kommunikation. Zur Vorbereitung dieser Konferenz organisieren sich die Studierenden wie eine professionelle Agentur. Sie arbeiten in vier Teams: Social Media/PR, Marketing/Fundraising, Networking und Eventmanagement. Die Belohnung für den Einsatz ist ein großartiges Erfolgserlebnis für die Studierenden. Sie lernen renommierte Expert*innen, Chefredakteur*innen, Architekt*innen und künftige Arbeitgeber*innen kennen. Sie stehen in der Öffentlichkeit. Sie moderieren die Veranstaltung mit mehr als 1000 Teilnehmenden vor Ort und im Livestream. Und sie übernehmen Verantwortung, ganz persönlich und im Team.
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Lehrmethoden und Inhalte müssen immer weiter entwickelt werden. Wie erleben Sie die spezifischen Rahmenbedingungen für die Lehre im Architekturstudium in Bochum?
Ariane Wiegner
Ich bin begeistert von der Bluebox an der Hochschule Bochum, dem Ateliergebäude der Studierenden. Sie zeichnet sich aufgrund ihrer architektonischen Qualität aus. Und sie ist eine ganz besondere Bildungsstätte, die zahlreiche Lernmöglichkeiten bietet. Hier können Studierende rund um die Uhr gemeinsam arbeiten und Modelle bauen. Zudem ermöglicht sie den Austausch von Wissen und Erfahrungen zwischen jüngeren und älteren Studierenden.
Jan R. Krause
Wir haben Arbeitsräume, Masterstudios und die Möglichkeit verschiedene Werkstätten zu nutzen. Dazu gehören neben der Modellbauwerkstatt der Architekt*innen auch die Elektro-, Metall- und Roboterwerkstätten der Maschinenbauer*innen und Mechatroniker*innen. Ich erlebe Bochum aufgrund der Mentalität der Menschen, mit denen wir hier zusammenarbeiten, als einen großartigen Ort. Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir hier alle unter Tage arbeiten. Es ist eine Atmosphäre, in der jeder Einzelne dazu bereit ist, sich für ein erfolgreiches Miteinander einzusetzen.
Achim Pfeiffer
Ich wurde hier mit offenen Armen empfangen. Wir haben eine große Nähe als Lehrende zu den Studierenden. Die besondere Qualität hier ist, dass wir räumlich und didaktisch so nah beieinander arbeiten.
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Eine weitere Besonderheit in Bochum ist die Vielzahl an Exkursionen, die jedes Semester angeboten werden und fest im Lehrplan des Bachelorstudiengangs verankert sind. Wie funktioniert die Wissensvermittlung bei diesen Exkursionen?
Achim Pfeiffer
Für diese Lehrmethode habe ich ganz große Sympathien. Raus aus dem Campus und rein in die Welt. Das ist eine besondere Qualität des Architekturstudiums. Als Germanist*in kann man viel lesen. Aber wir können tatsächlich Architektur durch Bereisen studieren. Dabei geht es vor allem um die Begegnung mit Menschen, die man vor Ort trifft. Das ist eine ganz wichtige Erfahrung auf unseren Exkursionen. Die Häuser allein sind es nicht. Es sind immer die Geschichten dahinter.
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Wie bedeutend sind Auslandserfahrungen im Rahmen des Studiums im Hinblick auf verschiedene Lehrmethoden und Herangehensweisen in unterschiedlichen Ländern?
Ariane Wiegner
Anderen Kulturen, Architektursprachen, klimatischen Bedingungen etc. zuzuhören, bereichert uns. Das hat mich selbst ins Ausland getrieben. Als ich in den USA an der Frankl-Lloyd-Wright-School of Architecture war, hatten wir ein Programm, bei dem man sich seinen Studienplan selbst zusammenstellen konnte. Man bekam einen Mentor oder eine Mentorin und konnte selbst festlegen, was man in seinem Studienjahr lernen möchte. Es bestand die Möglichkeit, sich Entwurfsthemen selbst zu überlegen und Exkursionen zu planen. Dieses Lehrformat hat viel Spaß gemacht und der Lerneffekt war bemerkenswert. Gleichzeitig war die große Freiheit bei den Lerninhalten kombiniert mit dem Learning-by-Doing-Prinzip. Diese Lehrmethode war das große Mantra von Frank Lloyd Wright. Er hat die Worte geprägt: „You can’t plan a kitchen when you haven’t cooked for 100 people in your life.” Diese Vorgehensweise lässt sich nicht bei jeder Aufgabenstellung anwenden. Die Fähigkeit, alternative Betrachtungsweisen und Sichtweisen einzunehmen, ist jedoch bei vielen Projekten von großer Bedeutung.
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Abgesehen von der Lernumgebung und den Lernmethoden wird die Lehre von jeder neuen Studierenden-Generation beeinflusst. Jedes Jahr treffen Sie auf neue Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Biographien, Kompetenzen und Zielen. Wie verändert jeder neue Jahrgang Ihre Lehre?
Jan R. Krause
Wir haben unser akkreditiertes Curriculum und eine klare Zielvorstellung, was die Studierenden am Ende ihres Masters können sollen. Gleichzeitig nutze ich vielseitige Möglichkeiten, flexibel auf die neuen Menschen mit ihren Talenten und Neigungen einzugehen. Ich suche für jeden Jahrgang neue Inhalte, die es ermöglichen, die Seminare sehr persönlich zu gestalten.
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Ist es eine gute Idee, dass Professor*innen eine Stelle auf Lebenszeit haben oder sollte diese befristet sein, um dem ständigen Wandel gerecht zu werden?
Ariane Wiegner
Dass sich Professor*innen inhaltlich und in ihren Lehrmethoden weiterentwickeln, ist natürlich sehr wichtig. Man kann aber fragen, ob eine generelle Befristung – bzw. welche Kürze einer solchen hierbei zielführend ist. Man entwickelt sich nur stetig weiter, wenn man Kontinuität hat. Eine inhaltliche Flexibilität und Weiterentwicklung ist nicht möglich, wenn man alle drei Jahre die Stelle wechselt. Die Sicherheit, für eine gewisse Zeit an einem Ort bleiben zu können, ist für neue Entwicklungen förderlich.
Achim Pfeiffer
Die Erinnerung an mein eigenes Architekturstudium ist stark von Personen geprägt, die mir etwas beigebracht haben. Dabei ging es nicht vorrangig um die Inhalte, die sie mir vermittelt haben, sondern wie sie die Welt gesehen haben. Es wäre schade, wenn Professor*innen, die Freude an der Lehre haben und bereit sind sich immer wieder auf neue Menschen einzulassen, wieder gehen müssten.
Jan R. Krause
Es ist wichtig, dass man im Professorenkollegium einen guten Teamgeist und Lust auf Veränderung hat. Das Kollegium unterliegt einer permanenten Erneuerung, da neue Professorinnen und Professoren hinzukommen. Deshalb führen wir einmal im Jahr eine zweitägige Klausurtagung durch. Bei dieser überlegen wir gemeinsam, was wir in der Lehre erreichen wollen und verändern müssen.
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In der Architekturlehre gibt es deutlich mehr Professoren als Professorinnen. Im Bochumer Kollegium sind nur rund ein Viertel Frauen. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Ariane Wiegner
Traditionell hatten Frauen einen geringeren Anteil am Berufsleben, was sich besonders in Führungspositionen widerspiegelt. Während meines Studiums fühlte ich mich nie diskriminiert, jedoch begann dies mit der Übernahme von Führungsverantwortung. Mit steigender Qualifikation und zunehmendem Alter kommen familiäre Verpflichtungen hinzu, was die Doppelbelastung – nicht nur für Frauen(!) – verstärkt. In der Architekturbranche sind die Arbeitsbedingungen herausfordernd, bedingt durch die vorherrschenden Rahmenbedingungen wie Deadlines, Termin- und Kostendruck sowie erhebliche Haftungsrisiken und Verantwortung. Das traditionelle Selbstverständnis von Architekten, geprägt durch männliche Vorbilder wie Le Corbusier, bietet Frauen wenig Identifikationsmöglichkeiten. Glücklicherweise hat eine Entwicklung begonnen, auf diese Themen mehr Aufmerksamkeit zu richten. Die meisten Hochschulen sind bestrebt, zeitnah ein ausgeglichenes Verhältnis von 50/50 zu erreichen.
Achim Pfeiffer
Als Mann erlebe ich für mich persönlich keine große Veränderung. Ich bin von Männern ausgebildet, ich habe für Männer gearbeitet und lehre jetzt als Mann. Warum wir im Kollegium mehr Männer sind als Frauen ist eine Frage, an der beide Seiten noch arbeiten müssen. Ich fürchte, da ist immer noch viel in unserer Sozialisation begründet.
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Architekt*innen sollten heute Gestalter*in, Bauphysiker*in, Psycholog*in, Jurist*in, Betriebswirtschaftler*in und Nachhaltigkeitsexpert*in in einer Person sein. Wie stellen Sie sich dieser Herausforderung wachsender und wandelnder Anforderungsprofile im Berufsalltag?
Achim Pfeiffer
Wir dürfen uns nicht zu Spezialist*innen entwickeln. Wir sind Generalist*innen und verantworten die Gesamtkoordination komplexer Planungs- und Bauprozesse. Das ist eine der großen Qualitäten, die wir als Architekt*innen haben. Man darf nicht den Gesamtüberblick aus den Augen verlieren. Es ist gut, ein grundlegendes Verständnis von den beteiligten Fachplaner*innen und Gewerken zu haben, um zu verstehen, worüber sie sprechen. Es ist jedoch weder möglich noch notwendig, für alles ein Spezialist oder eine Spezialistin zu werden.
Ariane Wiegner
Wenn man anfängt Architektur zu studieren, ist einem noch nicht klar, dass es am Ende um Kommunikation geht. Als Generalist*innen müssen wir alle Expert*innen an einem Tisch zusammenbringen. Wir müssen oft übersetzen, da z.B. Schallschutz und Statik ansonsten aneinander vorbeireden. Darum ist es wichtig, ein grundlegendes Verständnis für deren Tätigkeiten zu haben und diese im architektonischen Konzept zusammenbringen zu können. Und wir müssen auch unsere eigenen Kompetenzen klar kommunizieren können. Diese sind, Räume zu schaffen und Generalist*innen zu sein,
die Kommunikation beherrschen.
Jan R. Krause
Auch als Kommunikationsmanager*innen müssen wir Generalist*innen sein, denn auch Kommunikation ist in ständigem Wandel. Als ich 2003 an der Hochschule Bochum angefangen habe, Architekturkommunikation zu lehren, gab es noch kein iPhone, kein Instagram und kein TikTok. Die Pandemie hat die Digitalisierung stark beschleunigt. Seit November 2022 erscheint jede Woche eine neue KI. Als Lehrende müssen wir Lernende bleiben, schnell ein Verständnis für das Neue entwickeln und es in den größeren Zusammenhang der Möglichkeiten einordnen.
Achim Pfeiffer
Viele Tools haben sich rasant verändert. Gleichzeitig haben wir in Bochum die Bluebox. Dieses Gebäude ist bereits 60 Jahre alt und immer noch modern. Licht, Raum, Wahrnehmung und Bewegung im Raum sind Komponenten, die sich nicht verändern. Zudem ziehen wir heute wieder Baumaterialien wie Lehm in Erwägung, die bereits früher genutzt wurden. Beim lebenslangen Lernen sind wir dazu aufgerufen, bereits Verworfenes zu überdenken und bei Bedarf zurückzuholen.
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Wie unterstützen Sie Studierende dabei, sich immer wieder Neuem zu stellen?
Achim Pfeiffer
Das Prinzip der Hochschule ist die Wissensvermittlung. Die Wahrnehmung zu schulen ist ein Teil davon. In meinem Wahlpflichtfach Bauen im Bestand beginne ich immer mit derselben Übung. Die Studierenden sollen zehn Fotos von Gebäuden zwischen der Hochschule und ihrem jeweiligen Wohnort machen. Die immer wieder gestellte Frage der Studierenden lautet: Was soll ich denn da fotografieren? Was soll daran besonders sein? Wenn es zur Vorstellung der Fotografien kommt, frage ich sie, was ist das für ein Haus, wie alt ist es, wie ist es konstruiert? Darüber beginnen die Studierenden, sich mit ihrer Umgebung auseinanderzusetzen und diese bewusster wahrzunehmen.
Ariane Wiegner
Ich bin große Befürworterin, sich mit Architektur physisch auseinanderzusetzen. Beim Modellbau, in Reallaboren und beim Arbeiten mit Materialien lernt der Körper immer mit. Wenn ich etwas in die Hand nehme, schneiden und fügen muss, lerne ich ein Material erst richtig zu verstehen – anders als hätte ich es gezeichnet oder in einer 3D-Visualisierung getestet. Das möchte ich meinen Studierenden mitgeben.
Jan R. Krause
Meine Unterstützung besteht darin, den Studierenden beizubringen Fragen zu stellen. Neu sehen lernen und Dinge immer wieder hinterfragen ist ein zentrales Ausbildungsziel im Masterstudium Architektur Media Management.
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Wie können Sie sicher sein, dass das, was Sie heute lehren, auch morgen noch gültig ist?
Ariane Wiegner
Der Schlüssel ist, dass man nicht abschließendes Wissen vermittelt, sondern Methodiken. Ich lehre zu kommunizieren, um eigene Entwurfsprozesse und Herangehensweisen zu entwickeln. Das faktische Wissen und die Anforderungen an Gebäude sind austauschbar. Daher geht es um die Vermittlung von Werkzeugen. Die kommende Generation bringt gute Voraussetzungen mit. Sie stellt viele Fragen und ist divers. Dies führt zu neuen Ergebnissen und Blickwinkeln. Diese Kombination aus kritischem Hinterfragen und den Werkzeugen bildet eine gute Basis für das gesamte Berufsleben.
Achim Pfeiffer
Meine Lehre basiert auf drei zentralen Begriffen: der Wahrnehmung, dem Wissen und der Erfindung. Wahrnehmung bedeutet, dass man rausgeht und sich die Welt bewusst anschaut. Wissen ist erforderlich, um überhaupt bauen zu können. Aufbauend auf dem, was man gesehen und gelernt hat, ist es möglich Neues zu erfinden. Ich habe keine Angst, dass sich das jemals ändern wird.
Jan R. Krause
Bei mir beginnt die Lehre immer mit einer Übung zur Selbstwahrnehmung und der Frage: Wer bin ich? Anschließend bekommen die Studierenden Wissen und Methodiken gelehrt und starten ins Berufsleben. Mich interessiert die Entwicklung unserer Alumni. Zu vielen habe ich nach Jahren noch Kontakt. Ihre Rückmeldungen, wie sie sich selbst und ihren Beruf neu erfinden, zeigt, dass das Studium erfolgreich ist und gibt uns Orientierung für die weitere Entwicklung.
Jan R. Krause ist Professor für Architektur Media Management am Fachbereich Architektur der Hochschule Bochum und Geschäftsführer der Kommunikationsagentur office for architectural thinking und der Personalberatung ofat-recruiting in Berlin.
Achim Pfeiffer ist Professor für Entwerfen und Konstruieren. Bauen im Bestand am Fachbereich Architektur der Hochschule Bochum und geschäftsführender Gesellschafter von Böll Architektenin Essen.
Ariane Wiegner ist Vertretungsprofessorin für Baukonstruktion am Fachbereich Architektur der Hochschule Bochum und Partnerin von Kirchberger & Wiegner Rohde in Berlin.
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Master AMM, Strategie und Marketing
Prof. Jan R. KrauseReckli-Workshop
2024 -
Entwerfen
Prof. Achim Pfeifferwundervollhaus Soziokulturelles Zentrum Gelsenkirchen
Bauen im Bestand
2024, Vera Hertel -
Baukonstruktion 2
Prof. i.V. Ariane WiegnerEntwurfsprozess Stütze
2023